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Dass die Herbstzeit Erntezeit ist, wird schon im Namen deutlich. Das Wort ist verwandt mit dem englischen Wort für Ernte und dem griechischen für Frucht, Ertrag. In der „Zeit der Früchte“ wird geerntet, was zuvor erarbeitet wurde. Im Amerikanischen steht für den Begriff Herbst das Wort "fall". Der Herbst ist die Zeit des Blätterfallens. Wenn die Kraft der Sonne nachlässt, die Tage kürzer und die Abende kälter werden, nähert sich der Herbst. Sturm und Regen nehmen zu. Die Wälder werden bunt und die Stoppelfelder gelb, wie es ein altes Herbstlied beschreibt.

Der Herbst steht auch als Sinnbild für unser Dasein. Viele Parallelen lassen sich zwischen der Natur und unserem Leben ziehen. Auch für mich ist das dritte Lebensalter eine Zeit, in der Vieles in mir zur Reife gelangen möchte. Ich erlebe diese Zeit als bunt und vielfältig. Doch weil ich aus dem vielen, was mir angeboten wird, nur weniges wahrnehmen kann, läuft mir die Zeit weg. Die Tage werden kürzer, die Zeit vergeht wie im Flug und es fällt mir oft schwer, das „bunte Leben“ zu genießen.

Doch gerade darum geht es im Herbst des Lebens: das Schöne zu schauen und sich an ihm zu erfreuen. Statt ständig etwas leisten zu müssen, genügt es nun, einfach nur da zu sein und von dem Erworbenen zu leben. Aber so wie der Herbst Neues hervorbringt, dürfen auch wir im Alter Neues probieren – ohne Druck und Erfolgszwang.

Zur Kunst des Älterwerdens gehört es, den Herbst des Lebens fruchtbar zu gestalten, damit Liebe und Dankbarkeit das Leben erwärmen können. Zugleich geht es darum, sich an das Sterben und Vergehen erinnern zu lassen. Es gehört zum Reifen im Herbst, das Ausbleiben des Wachstums, den Rückzug der Lebenskräfte und das Welken der Haut anzunehmen und zu akzeptieren.

Die vom Herbstwind gelösten Blätter erinnern mich schmerzlich daran, dass auch ich von Vertrautem Abschied nehmen muss und letztlich fallen werde. Doch tröstet der Gedanke, dass da Einer ist, „welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält“ (Rainer Maria Rilke).

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