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Holz ist allgegenwärtig. Babys schaukeln in Holzwiegen, auf Hochzeiten zersägt das Brautpaar ein Holzstück. Letztlich werden wir in Holzsärgen begraben werden. Es ist der Rohstoff - Papier, Möbel, Zäune, Schmuck - der unsere Jahre zählt und unser Dasein einrahmt.

Holz ist indes nicht roh, selbst wenn es ungehobelt daherkommt. Ursprünglich bezeichnet es das Abgeschnittene, Niedergeschlagene und ist dennoch kein dummes Material. Es hat nämlich Charakter, ist ebenso geradlinig, störrisch oder biegsam wie Unsereins. Nicht ohne Grund bewerten wir nach wie vor, wer aus einem guten, einem stumpfen, vor allem aber, aus einem ganz anderen Holze geschnitzt ist.

Wer, wie mein Vater, um die Eigenheiten des Holzes weiß, bearbeitet es erhaben. Er trifft mit seinem Beil gekonnt die Stelle der Holzstücke, die sie mühelos entzweit. Dabei macht er sich das Holz nicht gefügig, vielmehr lässt er darauf ein, vertraut ihm seine Muskelkraft und sicher so manches Geheimnis an.

Das Holz ist auch mir vertraut. Ich habe wurmstichige Rinde betastet, Äste gestreift, Kienspan verfeuert. Es ist mir so vertraut, dass es mich bisweilen auf den Holzweg führte, jenen unnachgiebigen Pfad durchs Gestrüpp, durch das Unterholz des Lebens. Hier begegnet man seinem Glauben.

Hölzern war das Kreuz Jesu. Das Neue Testament kennt zwei Worte, um es zu benennen: staurós und xýlon. Xýlon bedeutet Pfahl, Balken, Baum während staurós Holz und Kreuz meint. Folglich ist Jesus ans Marterholz geschlagen worden, an denselben Stoff, aus dem die Arche Noahs gefertigt war und an welchen Luther später seine Thesen schlug.

Das Holz des Kreuzes korreliert mit dem Baum der Erkenntnis, gemeinsam bilden sie den Referenzrahmen des christlichen Glaubens. Gehölze agieren in vielen Religionen als signifikante Stützpfeiler, als Baum des Glücks, Bodhibaum oder als Weltenachse. Holz symbolisiert das Koordinatensystem des Seins: Raum, Zeit, Inhalt. Unaufdringlich ringt es uns ein, unmerklich allgegenwärtig.

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