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„Ich bin soo satt“ – Klara stößt den halbvollen Teller von sich. Die Eltern sehen sich entnervt an. Wieder einmal waren die Augen größer als der Hunger. Aber was tun? Die Achtjährige zwingen, aufzuessen, damit sie es lernt? Doch was bringt es, wenn sie sich den Magen verdirbt? Und auch der Hinweis auf die vielen Kinder, die Hunger leiden, klingt schal. Was haben diese Kinder davon, wenn Klara ihren Teller leer isst? So greift die Mutter seufzend zu und isst wieder einmal die Reste.

Insgesamt über eine Milliarde Menschen auf der Welt hungern – und jährlich werden es mehr. Eine ernüchternde Tatsache, die die Welthungerorganisation jedes Jahr neu zum Welthungertag veröffentlicht. Mich erschrecken solche Zahlen und lassen mich hilflos zurück. Sie sind so riesig, dass ich sie mir nicht mehr vorstellen kann. Und doch sind es lauter einzelne Menschen mit ihrem Schicksal, ihrer Familie, ihrer Geschichte.

Um von Mensch zu Mensch Hilfe zu leisten, wurde vor über 50 Jahren „Brot für die Welt“ gegründet, das bis heute zu den erfolgreichsten Hilfsorganisationen in Deutschland zählt. Jahr für Jahr sammelt das Hilfswerk Millionen von Euro, um dem Hunger zu wehren. Und doch: Wie zuversichtlich waren die Initiatoren, in nur wenigen Jahren den Hunger besiegen zu können! Heute sehen wir: Die Not auf der Welt ist nicht kleiner geworden. Gleichzeitig steigt auch die Zahl der Übergewichtigen an: In der Hälfte der OECD-Mitgliedsstaaten ist - einer neuen Untersuchung zufolge – jeder zweite Bürger fettleibig.

Hier übervolle Teller, dort die Angst ums Überleben; das ist die Realität mit der wir leben. Schon unser Sprachgebrauch spiegelt das wieder: Während Millionen von Menschen sich nichts sehnlicher wünschen als satt zu werden, hat „satt“ für uns einen negativen Klang, drückt Trägheit aus. Wer dagegen „hungrig“ ist, lebenshungrig, hungrig nach mehr, der bleibt nicht stehen, ist offen und wach. Eine verkehrte Welt.

Auch Jesus kannte beide Bedeutungen von Hunger. Auf den Hinweis der Jünger, dass seine Zuhörerinnen und Zuhörer Hunger haben, antwortete er schlicht: „Gebt ihnen zu essen!“ und sorgte für Sättigung. Es gibt akuten Hunger, dem man nur mit Hilfe begegnen kann. Aber da ist auch ein „guter Hunger“, den Jesus selig preist. „Selig die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit…“. Menschen, die sich nicht abfinden wollen mit dem Hunger, diejenigen, die angesichts ernüchternder Hungerstatistiken und scheinbarer Machtlosigkeit, nicht verzweifeln, sondern darauf bestehen: „Es ist genug für alle da“ und die brennend danach fragen, wie die Güter der Welt gerecht verteilt werden können – sie sollen erleben, dass ihre Mühe nicht umsonst war. Sie sollen gesättigt werden. Welch eine Zusage!

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