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Der erste Morgennebel nach einem langen Sommer: Noch sind die Tage sonnig und warm. Aber die Zeit der lauen Nächte scheint vorbei. Die Temperaturen rutschen in den einstelligen Bereich zurück.

Wer in den frühen Morgenstunden vors Haus tritt, riecht diesen würzigen Duft vom satten, schon etwas welken Blühen, spürt die kühle Feuchtigkeit auf der Haut. Und dort, wo die Augen weit schweifen können, landen die Blicke weich in einem nebeligen Dunst, der wie Watte auf den Wiesen liegt. Nebel kann sehr verschieden sein.

In einem dunstigen Spätsommermorgen wohnt eine heitere Gelassenheit: Die Sonne hat sich noch nicht verabschiedet. Jetzt aber darf sie morgens etwas länger schlafen, lässt sich Zeit dabei, wenn sie am Vormittag ganz langsam ihre Dunstdecke fallen lässt, um noch einmal ihre milde Wärme zu verschenken.

Der Novembernebel ist anders. Er hängt träge und schwerfällig über manchen Tagen und treibt nur selten dieses spannungsvolle Spiel mit Farben und Licht. Oder so, wie es der Dichter Christian Morgenstern in einem poetischen Bild beschreibt:

"Nebel hängt wie Rauch ums Haus, / drängt die Welt nach innen; / ohne Not geht niemand aus; / alles fällt in Sinnen. / Leiser wird die Hand, der Mund, stiller die Gebärde. / Heimlich, wie auf Meeresgrund, / träumen Mensch und Erde."

Das kann der Nebel eben auch, der sommerlich leichte ebenso wie der herbstlich schwere: die Welt mit allen ihren Gebärden leiser machen. Wenn der Blick nicht mehr den großen Sprung hinaus schafft, werden die Bewegungen kleiner.

Im Nebel lernen die Sinne, den Nahbereich zu erkunden, nach innen zu hören. Und vielleicht spüren sie dabei jenen Hauch, den wir Spiritualität nennen, der immer da ist, aber manchmal vom Lärm des Tages und von der Geschwindigkeit der Bilder überdeckt wird. Der Nebel versteckt nichts. Er bringt uns dazu, den Blick zu schärfen, die „nach innen gedrängte Welt“ ins Gebet zu nehmen – und ins Weite zu schauen.

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