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Als Kind war ich der Überzeugung, dass Evangelische klüger seien als Katholiken. Vom katholischen Glauben selbst wusste ich wenig – die Fronleichnamsprozession nahm ich nur von ferne wahr und über die Beichte, die meine katholischen Freundinnen ablegen mussten, wunderte ich mich. Aber selbst einmal in eine katholische Kirche, geschweige denn in eine Messe zu gehen, wäre mir niemals in den Sinn gekommen. So blieb mir der Katholizismus fremd und auch immer ein bisschen unheimlich, bis ich bei meiner besten Freundin feststellte, dass auch hier vor der Mahlzeiten gebetet wurde und ihre Eltern Moralvorstellungen vertraten, die mir von zuhause her vertraut waren.

Im Studium begegnete mir die Orthodoxie: die Ikonen und Wandmalereien zogen mich in ihren Bann, Mönchtum und Herzensgebet faszinierten mich, der Gottesdienst in seiner liturgischen Vielfalt befriedigte mein spirituelles Bedürfnis. Nach der ersten Phase der Schwärmerei bekam ich auch wieder meine eigene lutherische Tradition und deren Reichtum in den Blick, erweitert um ökumenische Erkenntnisse, die ich nicht missen möchte:

Der christliche Glaube beginnt und endet nicht mit mir. Er äußert sich in der Geschichte, in deren langen Strom wir alle stehen. Wir wissen, woher wir kommen; wohin die Reise geht, liegt in der Hand eines anderen. Gemeinsam hoffen und glauben wir, dass sie in der Ewigkeit endet.

Ich bin Teil einer Bewegung, die Zeiten und Nationen überspannt. Der christliche Glaube hat Spuren hinterlassen, je nach Kultur, Sprache, Lebensumständen äußert er sich ganz unterschiedlich. Gleichzeitig verbindet er Menschen über alle Unterschiede und Grenzen hinweg. In Umgang mit Menschen anderer Konfessionen begegnet mir Fremdes und Vertrautes; gerade im Fremden erkenne ich mich und meinen Glauben deutlicher.

Mein Wunsch für die Ökumene ist es, dass wir lernen, unsere Selbstgenügsamkeit und Selbstgefälligkeit zu überwinden. Auch, dass wir die Vielfalt und Vielheit im christlichen Glauben als Chance, nicht als Gefährdung begreifen, eingedenk dessen, was der Apostel Paulus der Gemeinde in Korinth schrieb: „Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer.“

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