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Durch Hape Kerkeling und sein „Ich bin dann mal weg“ ist das Pilgern wieder in Mode gekommen. Und damit auch das Wandern. Ganze Reihen von Wanderführern von mehr oder weniger bekannten Autoren sind in den Buchhandlungen zu finden.

Wanderungen sind nicht mehr altmodische Familienausflüge, sondern eine sportliche Freizeitbeschäftigung. Es erinnert fast ein wenig an die Wandervogelbewegung Anfang des letzten Jahrhunderts. Die intellektuelle Jugend traf sich und wollte raus, einfach raus aus der Stadt. Und so ähnlich kann man es jetzt auch wieder erleben. Junge Paare oder Familien, die voll ausgerüstet ihre nähere und fernere Umgebung erkunden. Aber die Begeisterung dafür zieht sich durch alle Altersschichten.

Beim Wandern ist man ganz bei sich und ganz in der Natur, dem Wetter und dem Weg ausgeliefert. Da heißt es Durchhalten. Durchhalten, wenn man sich zum vierten Mal auf der falschen Weggabelung wiederfindet. Durchhalten, wenn mitten im strahlenden Sommerwetter plötzlich strömender Regen einsetzt. Durchhalten, wenn die Füße schmerzen, aber der nächste Ort noch Kilometer entfernt ist. Durchhalten bis zur nächsten Hütte, bis zum Gipfel, bis zum Ziel. Durchhalten.

Genau dieses Durchhalten-Müssen macht das Wandern so besonders. In der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft treffen wir das sonst kaum noch an. Viel schneller als früher brechen wir Ausbildungen, Beziehungen, Verpflichtungen im Allgemeinen ab. Beim Wandern – oder gar beim Pilgern – geht das aber nicht. Und gerade das erleben wir als erholsam. Die Lebensentscheidungen beschränken sich da auf die Vorauswahl der Route, den Proviant, die Wanderpartner und später aus Zeitpunkt und Ort der Rast.

Das Wandern reduziert die Komplexität des eigenen Lebens für ein paar Tage oder Stunden und macht den Kopf frei. Wir können nicht einfach sagen: jetzt will ich doch lieber nicht mehr. Die Qual der Wahl findet ein Ende, denn es gibt nichts mehr in Frage zu stellen.

Immer wieder höre ich Pilger, die das Wandern auf dem spanischen Jakobsweg unter größter körperlicher Anstrengung als den erholsamsten Urlaub ihres Lebens beschreiben. Aufstehen, Wandern, Essen, Schlafen. Den Körper wahrnehmen und den Geist ausruhen. Keine Gedanken an Rechnungen, E-Mails, Konsum. Einfach frei vom Alltagsballast sein, die eigene Mitte, den Pol der inneren Ruhe finden.

Wandern verbindet den Menschen nicht nur mit der Natur, sondern vor allem mit sich selbst.

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