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Darf ich vorstellen: Heilig Geist. 49 Jahre, Risse in der Fassade, teure Betonsanierung, feuchte Wände und muffiger Geruch im Innenraum, Gerümpel auf der Empore, Spinnweben, schlechte Akustik. Zumindest das geschnitzte Lindenbrett des Bildhauers Helmut Amann und der Altarraum mit dem großen Christus aus Holz sind auf den ersten Blick ermutigend. Heilig Geist in Ebersberg im Osten von München trägt ihren Namen als ein um Seriosität bemühtes Provisorium.

Heilig Geist und Heiliger Geist: Schroffer kann ein Gegensatz kaum ausfallen. Aber das ist Pfingsten: das Fest einer nie dagewesenen Frische, Schönheit und Begeisterung und im gleichen Augenblick,zugleich, eine große Ernüchterung. Das ist das Wunder von Pfingsten: Nüchterne Begeisterung.

Wie war es denn damals 50 Tage nach Ostern? Der Ort, an dem die Jünger Jesu sich trafen, war sicher kein architektonisches Kleinod. Risse im Mauerwerk, Gerümpel, schlechte Akustik -selbstverständlich. Ästhetischer Genuß beim Anblick irgendwelcher Kunstwerke oder Erleben eines vollkommenen Ensembles liturgischer Formen - keinesfalls.

Vielleicht gab es ein paar ermutigende äußere Zeichen: Eine Schüssel mit Wasser zur Erfrischung der Füße und Hände, ein gedeckter Tisch, ein geschnitztes Wandornament. Die Menschen an diesem Ort waren mehr oder weniger geistesabwesend. Träumten sie von vergangenen Zeiten, hingen sie ihren gescheiterten religiösen Illusionen nach, waren sie mit sich und ihren Gefühlen beschäftigt, überlegten sie, was aus wem nun werden sollte? Egal, sie waren das, was man geistig weggetreten, nicht ganz da, nennt. In diesen alltäglichen Ort und seine mehr oder weniger geistig abwesenden Menschen platzt die göttliche Geistesgegenwart herein.

Geistesgegenwart unter Menschen ist ein Glücksfall. Dann geschieht zur rechten Zeit, am unerwarteten Ort das Notwendige. Welch ein Glück, wenn das Leben sitzt, passt und Luft hat! Welch ein Glück, wenn wir mit uns, Gott und der Welt eins und einig sind! Weil es so schön und so selten ist, greifen nicht wenige zu den bekannten Surrogaten. "Wer Sorgen hat, hat auch Likör", sagt Wilhelm Busch.

Wer Risse in der Fassade hat, auch. Wohl dem, der Risse in der Fassade hat! Wo sonst sollte der Heilige Geist herein? Wer nüchtern bleibt und damit auch bei seinen Sorgen und in seinen rissigen Fassaden, der soll das Wunder erleben: Durch Sorgen und Risse dringt der Heilige Geist bei uns ein. Dann ist Heilig Geist und das Leben hier, jetzt, in diesem Augenblick gut.

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