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Kann das Meer nicht so fürchterlich unterschiedlich sein? Glattes Wasser, keine Welle, ungetrübter klarer Blick bis zum Horizont. Oder Gischt weht im beginnenden Sturm, treibt die Nässe über den Strand. Oder beginnendes Eis, dessen Risse wieselflink über die gefrorene Rauheit huschen. Ich finde, das Meer ist so fürchterlich schön. Am liebsten gehe ich barfuß neben dem Meer her. Mein Blick ist auf den Sandstrand gerichtet, der mit auflandigem Wasser durchnässt wird und dann wieder trockenfällt.

Nach Steinen und Muscheln suche ich, die das Meer in Wellen an Land trägt. Manchmal liegt ein Hühnergott dazwischen, einer jener Steine, bei denen ich mich immer wieder frage: Wie kommt das Loch in diesen Feuerstein? Und woher hat der Hühnergott eigentlich seinen Namen? Das Meer und das Leben lassen manche Fragen offen. Doch eines haben sie gemeinsam: sie treiben etwas an und spülen etwas anderes weg.

Wenn die Flut kommt, wird meine schöne Sandburg wieder weggespült. Aber mit der Flut schwappen auch andere Dinge an Land, darunter manchmal eben Hühnergötter. Zu anderen Zeiten kann ich über das Meer nur staunen. Da geht es mir wie jenem Dichter, dessen Namen ich nicht mehr weiß, der über das Meer Gedichtzeilen schrieb. Und als er das Meer beschreiben will, stellt er fest, dass die Wellen seine Gedanken schon hinter den Horizont getragen hatten. Und so stand der Meerdichter da und konnte nur schweigen – umgeben vom Rauschen und der Unendlichkeit des Augenblicks.

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