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Armer Osterhase – er ist ein seltener Anblick auf unseren Feldern geworden, er hat nicht mehr viel Platz. Denn im Gegensatz zu seinen entfernten Verwandten, den Kaninchen, kann er nicht unter die Erde ausweichen, wenn es ihm zu bunt wird. Er duckt sich in eine Kuhle, in der Jägersprache Sasse – und wartet angespannt, bis die Gefahr vorüber ist – oder springt kurz vor dem Hund oder Fuchs auf. Mit den Beschleunigungsqualitäten eines Maserati kommt er auf 80 km/h. Hakenschlagen, das kann er allerdings weitaus besser als irgendein Sportwagen.

Vor der Gefahr davonlaufen, vor der Bedrohung einen Haken schlagen, vielleicht ist deshalb der Hase auch zum Symboltier von Ostern geworden. Da schlägt einer dem Tod einen Haken, obwohl er eingeholt wird, kommt er davon.

Im Frühling kommen die Hasen zusammen, die den Winter und die Jagd überlebt haben. Mancher musste da seiner Hasenliebe Lebwohl sagen und nun ist neue Paarung angesagt – bei den Hasen heißt das Stress: Sie tanzen, mit den langen Hinterläufen stehen Hase und Häsin einander gegenüber und bearbeiten sich mit den Vorderpfoten, um den Geruch auf den Partner, die Partnerin zu übertragen. Und dann geht es wieder in kräftezehrendem Lauf hintereinander her.

Wegen dieser tollen Tage wird dem Hasen besondere Fruchtbarkeit zugeschrieben. In der germanischen und griechischen Mythologie wurde der Hase zum Begleittier der Göttinnen Holda, Ostara, Artemis und Aphrodite. Und diese Fruchtbarkeit brauchen die Hasen, denn bei Kälte und Nässe geht es den Kleinen schlecht, die Sterblichkeit unter Hasenjungen ist hoch. Von Eiermalidyll kann nicht die Rede sein. Von Familienidyll übrigens auch nicht. Nur im Schutz der Dämmerung kommt Mama Hase zum Jungen und versorgt es mit ihrer nahrhaften Milch.

Übrigens: Seinen Rang als Ostereierlieferant muss der Hase in der deutschen Tradition mit anderen Tieren teilen: Im Hannoverschen bringt sogar sein Fressfeind, der Fuchs, die Eier, in der Schweiz ist es der Kuckuck. In Australien hat man den Osterbilby dazu erwählt, als Beuteltier zu Ostern die Eier an die Kinder zu verschenken. Denn Kaninchen sind in Australien verpönt – und einmal mehr wird der Hase mit ihnen in einen Topf geworfen. Schließlich wurde er in Schokolade gegossen. Wenn ich die Schokohasen in den Regalen sehe, denke ich an seine Vorbilder, die mittlerweile so selten sind. Und finde es gut, zu Ostern einen Schokohasen zu essen. Das würde ich gerne denen empfehlen, die dem echten Hasen nachstellen.

Hase, Du schaust nicht mit braunen Knopfaugen naiv in die Welt. Deine Augen haben eine bernsteinfarbene Iris, es sind die Augen eines Wildtieres, das weiß, dass das Leben kein (Oster)spaziergang ist. Und in diesen Tagen um Ostern erinnerst Du mich auch an ein Wort des Menschensohns Jesus. Er hat zwar von den Füchsen und Vögeln geredet, die Gruben und Nester haben, um sich zu verbergen, während er unbehaust und zuletzt auch gejagt war. Ob er weiß, dass Deine Existenz etwas von seiner abbildet? Neues Leben für gejagte und lebenswillige Kreaturen – auch das ist für mich Ostern.

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