Sehr aktiv ist sie, diese Gemeinde – so hat man mir gesagt. Als offen ist sie bekannt. Viele innovative Projekte hat sie schon durchgeführt. Neben den verschiedenen Gottesdienstformen gibt es zahlreiche Angebote für die Kranken, die älteren Gemeindeglieder und diejenigen, die persönliche Probleme im Beruf und im Privatleben haben. Die Mahung des Paulus „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ scheint in der Gemeinde wirklich Bedeutung zu haben. Zumindest vermitteln die Verantwortlichen der Gemeinde mir diesen Eindruck, als sie mich zu einer einwöchigen Vortragsreihe einladen. In der Vortragsreihe geht es um unterschiedliche Bilder von Gemeinde, die in der Bibel beschrieben sind. In kleinen Gruppen wird darüber diskutiert und in den darauf folgenden Abenden steht die Analyse der eigenen Gemeinde im Mittelpunkt. Es stellt sich heraus, dass in der Tat sehr viele Aktivitäten stattfinden. Sie sind auch geprägt von dem guten Willen der einzelnen Teilnehmenden. Mit den besten Vorsätzen engagieren sich diejenigen, die es zeitlich realisieren können. Ein Netz von Mitarbeitenden ist tätig. Aber schnell wird deutlich, die Stimmung untereinander ist nicht besonders gut. Viele sehen ihre Tätigkeit als eine Pflichterfüllung. Manche sind der Meinung, dass die anderen mehr tun sollten. Andere wiederum fühlen sich überfordert. Die Gruppen untereinander rivalisieren. Jede will die beste sein. Manche möchten mehr wahrgenommen werden. So ergibt sich im Laufe der Woche ein klareres Bild, wie es wirklich im Gemeindeleben aussieht. Unterschiede werden deutlich, Konflikte, Neidgefühle und Ausgeschlossensein werden angesprochen. Kurz: Wie in fast jeder Gemeinde menschelt es auch hier sehr. Doch trotz alledem entsteht dabei ein Raum, in dem offen über Probleme und Verletzungen geredet wird. Damit löst sich eine Spannung, die in der Gemeinde vorher für Manche bis zur Unerträglichkeit geherrscht hat. Zum Schluss feiern wir gemeinsam Abendmahl. Die vorher Zerstrittenen reichen einander die Hand: „Friede sei mit Dir!“ Sie teilen Brot und Wein miteinander. „Brot des Lebens. Kelch des Heils. Zur Vergebung der Sünden.“ Ganz neu entsteht eine versöhnte Gemeinschaft unter ihnen, die bereit ist ihre Unterschiede und Konflikte anzunehmen. Sie sind eine Gemeinde, eine Gemeinschaft. Trotz aller Verschiedenheit hat Gott sie zusammengestellt.