Der späte Nachmittag wurde regnerisch und dunkel. Die Sonne stand ganz flach über dem Horizont. Und die Regenfäden begannen zu glitzern. In diesem Moment baute sich ein Regenbogen auf. Über der Erde fing er an – noch kurz und knapp. Dann wurde er immer großartiger, höher, weiter. Er erreichte unter den Wolken seinen Höhepunkt und strahlte zur Erde zurück. Ein wunderschöner, großer und prächtiger Regenbogen hatte sich gebildet. Es blieb nicht bei einem. Ein zweiter Regenbogen baute sich ganz parallel auf und leuchtete schließlich genau so stark. Die Industrielandschaft unter diesen Bögen hatte sich verändert, verwandelt. Inzwischen staunten mehrere Frauen und Männer über dieses Schauspiel. Wir strahlten einfach mit. Über den Regenbogen finden sich in allen Kulturen und Religionen zahlreiche Geschichten. Der Regenbogen kommt in Erzählungen überall auf der Erde vor. Oft sind Regenbogengeschichten mit Schöpfungsgeschichten verbunden. Sie schlagen den Bogen vom Schöpfergott zu den Geschöpfen. Im Alten Testament der Bibel, 1. Buch Mose, Kapitel 9, ist der Regenbogen ein Zeichen des Bundes, den Gott mit Noah und den Menschen schloss. In der biblischen Erzählung von der Sintflut verspricht Gott: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen.“ Der Regenbogen als Zeichen des Friedens zwischen Mensch und Gott nimmt damit eine Tradition auf, nach der das Phänomen als abgesenkter, also nicht schussbereiter Bogen Gottes interpretiert wurde. Diese Vorstellung ist sehr alt, dass der Bogen in den Wolken das Ende des Zornes Gottes symbolisiere. Denn er habe wie ein Krieger seinen Bogen gesenkt, um Frieden zu erklären. Im Neuen Testament der Bibel kommt der Regenbogen nur ein einziges Mal vor. Im Buch der Offenbarung des Johannes, Kapitel 10, Vers 1, erscheint ein Engel mit einem Regenbogen über seinem Kopf. Das griechische Wort für diese strahlende Erscheinung heißt „iris“. Die antike Vorstellung des Kriegsbogens ist das nicht mehr, sondern „iris“ bezeichnet neben dem Regenbogen auch einen farbigen Ring oder Halbring. Hier wird der Bogen in Verbindung gebracht mit einem Lichtkranz, dem Heiligenschein. Der Regenbogen bleibt für mich ein strahlendes Phänomen am Himmel, ein Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen. Und dieser strahlende Bogen tritt auf, wenn das Wetter eigentlich unwirsch erscheint. Dieser Regen strahlt auf Menschen aus und lässt sie staunen und lächeln. Vielleicht tragen deshalb auch so viele Kindertagesstätten den Regenbogen in ihrem Namen. Sie vermitteln jedem Kind, dass es einmalig und von Gott geliebt ist. Sie vermitteln Werte, die ein Leben lang tragen. Auch wir Erwachsenen bleiben getragen von diesem Bogen zwischen Gott und den Menschen. Ein Regenbogen baut sich nur für eine bestimmte Zeit auf. Er erreicht unter den Wolken seinen Höhepunkt und strahlt zur Erde zurück, zu uns.